Germanisch-Keltische Kriege
Die Germanisch-Keltischen Kriege bezeichnen eine Reihe von militärischen Auseinandersetzungen, Stammeskonflikten und territorialen Verdrängungskämpfen zwischen germanischen und keltischen Völkern in Mitteleuropa während der vor- und frühgeschichtlichen Epochen, deren Höhepunkt in der Zeit vom 3. Jahrhundert v. Chr. bis zum 2. Jahrhundert n. Chr. lag. Diese kriegerischen Ereignisse, deren Zeugnisse sich sowohl in archäologischen Funden als auch in antiken schriftlichen Überlieferungen widerspiegeln, hatten maßgeblichen Einfluss auf die ethnische, politische und kulturelle Prägung des europäischen Kontinents. Während die Kelten in der frühen Eisenzeit nahezu den gesamten west- und mitteleuropäischen Raum dominierten, drangen ab dem späten 4. Jahrhundert v. Chr. zunehmend germanische Stammesverbände aus dem nord- und ostmitteleuropäischen Raum in keltisch besiedelte Gebiete vor und führten damit zu teils großräumigen Bevölkerungstransfers, Kämpfen und Umschichtungen der Herrschaftsverhältnisse.
Historischer Hintergrund
Die keltischen Kulturen hatten seit der Hallstattzeit und verstärkt während der Latènezeit ab etwa dem 5. Jahrhundert v. Chr. eine weitreichende politische und kulturelle Hegemonie über weite Teile West- und Mitteleuropas ausgeübt. Keltische Stämme wie die Boier, Helvetier, Noriker, Vindeliker und Treverer kontrollierten bedeutende Siedlungsräume in Gallien, dem Alpenraum, dem heutigen Böhmen sowie Teilen Süddeutschlands. Ihre Gesellschaften waren durch ein komplexes Stammeswesen, ein weitläufiges Handelsnetzwerk und eine ausgeprägte Militärtradition gekennzeichnet. In der gleichen Zeit entwickelten sich im nördlichen Mitteleuropa eigenständige germanische Stammeskulturen, die über den Verlauf der Jahrhunderte von der nordeuropäischen Bronzezeitkultur zur Jastorfkultur übergingen und schließlich in der vorrömischen Eisenzeit im Raum nördlich der Mittelgebirge siedelten. Die germanischen Stämme zeichneten sich durch lose Stammesverbände, kriegerische Mobilität und eine auf Raubzüge und Expansion ausgerichtete Außenpolitik aus.
Ab dem 3. Jahrhundert v. Chr. begannen germanische Stämme, insbesondere die Sueben, Markomannen, Cherusker, Chatten und Langobarden, ihre Siedlungsgebiete südwärts auszuweiten und stießen dabei auf die keltischen Stammesgebiete. Die Ursachen für diese Wanderungsbewegungen werden in klimatischen Veränderungen, Überbevölkerung, internen Stammeskonflikten sowie dem zunehmenden Druck durch benachbarte Kulturräume vermutet. In den Überlieferungen antiker Autoren wie Julius Caesar, Tacitus und Strabon sind zahlreiche Hinweise auf militärische Auseinandersetzungen, Grenzgefechte und großflächige Verdrängungskriege zwischen diesen beiden Völkerschaften überliefert, die jedoch selten als organisierte Großkriege zwischen ethnischen Kollektiven, sondern vielmehr als eine Folge multipler, regional begrenzter Konflikte zu begreifen sind.
Die Auseinandersetzungen im 3. und 2. Jahrhundert v. Chr.
Die frühesten sicher zu datierenden kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Germanen und Kelten fanden im Verlauf des 3. Jahrhunderts v. Chr. statt, als die keltischen Boier ihre Siedlungsräume in Böhmen gegen einwandernde germanische Gruppen zu verteidigen versuchten. Zeitgleich kam es im Gebiet des heutigen Thüringen und im südlichen Niedersachsen zu Grenzkonflikten zwischen den Cheruskern und den keltischen Helvetiern sowie anderen Alpenstämmen. Die archäologische Befundlage, etwa durch zerstörte Oppida und aufgegebene Höhensiedlungen keltischer Herkunft, deutet auf einen allmählichen Verlust der keltischen Vorherrschaft in den nördlichen Grenzregionen Mitteleuropas während dieser Zeit hin. Die Sueben, ein lockerer Verband mehrerer germanischer Stämme, begannen im späten 2. Jahrhundert v. Chr., systematisch in das keltisch besiedelte Gebiet zwischen Main und Donau einzudringen. Ihre kriegerischen Übergriffe sowie das Eindringen weiterer germanischer Gruppen lösten eine Kettenreaktion von Flucht- und Abwanderungsbewegungen keltischer Stämme aus, die ihrerseits Gebiete in Richtung Westen und Süden räumten oder gegen benachbarte Stämme kämpften, um neue Siedlungsräume zu gewinnen.
Der Suebenkrieg und die Schlacht bei Argentoratum
Ein besonders folgenschweres militärisches Ereignis innerhalb der Germanisch-Keltischen Kriege war der sogenannte Suebenkrieg, der im Jahr 71 bis 58 v. Chr. unter der Führung des suebischen Königs Ariovist gegen eine Allianz gallischer Stämme geführt wurde. Die Sueben hatten in den Jahrzehnten zuvor systematisch das keltisch besiedelte Gebiet rechts des Rheins unterworfen und kontrollierten bald weite Teile des heutigen Südwestdeutschlands und Elsass. Ihre aggressive Expansion zwang mehrere keltische Stämme, darunter die Sequaner und Arverner, zu einer gemeinsamen Gegenwehr, die schließlich in die politische Intervention Roms unter Gaius Iulius Caesar mündete. Caesar beschreibt in seinem Werk „De Bello Gallico“ die Bedrohung durch die Germanen unter Ariovist als unmittelbare Gefahr für die römischen Interessen in Gallien und rechtfertigte damit sein militärisches Eingreifen.
Im Jahr 58 v. Chr. kam es zur Schlacht bei Argentoratum, dem heutigen Straßburg, in deren Verlauf Caesars Legionen die suebischen Verbände vernichtend schlugen und Ariovist zur Flucht über den Rhein zwangen. Dieses militärische Ereignis markierte nicht nur das vorläufige Ende der germanischen Expansion in gallisches Gebiet, sondern führte zugleich zur Schwächung der verbliebenen keltischen Stammeskoalitionen, da sie fortan militärisch und politisch von Rom abhängig wurden. Der Suebenkrieg und die Schlacht bei Argentoratum sind aus historischer Perspektive von zentraler Bedeutung, da sie das Ende der keltischen Hegemonie östlich des Rheins besiegelten und den Weg für die spätere vollständige Germanisierung dieser Regionen ebneten.
Fortdauernde Grenzkonflikte und die Markomannenkriege
Trotz der militärischen Niederlage Ariovists und der vorläufigen Stabilisierung der gallisch-germanischen Grenze kam es auch in den folgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten zu wiederholten Grenzgefechten, Raubzügen und Stammeskriegen zwischen keltischen Reststämmen und germanischen Verbänden. Besonders in den östlichen Regionen des einstigen keltischen Böhmens, wo die Markomannen unter ihrem König Marbod ein bedeutendes Stammesreich errichteten, bestanden fortdauernde Spannungen. Während Marbod zu Beginn des 1. Jahrhunderts n. Chr. noch in der Lage war, ein heterogenes Bündnis aus Markomannen, Quaden und anderen germanischen Gruppen zu formen, kam es im Verlauf der Markomannenkriege zwischen 166 und 180 n. Chr. zu erneuten schweren Auseinandersetzungen mit den Resten keltischer Siedlungen in Noricum und Pannonien, die sich mit römischer Unterstützung gegen die germanische Übermacht zu behaupten suchten.
Die Markomannenkriege sind insofern ein bedeutendes Kapitel innerhalb der Germanisch-Keltischen Kriege, als sie die letzten großen dokumentierten Kampfhandlungen zwischen germanisch dominierten Stammesverbänden und keltischen Restgruppen markieren. Unter Kaiser Mark Aurel führten die römischen Truppen in Zusammenarbeit mit keltischen Auxiliarverbänden mehrere erfolgreiche Feldzüge gegen die Markomannen und ihre Verbündeten. Die archäologischen Funde in Carnuntum und entlang der Donaugrenze belegen die weitreichenden Zerstörungen keltischer Siedlungen in der Folge dieser Kämpfe. Der Vertrag von 180 n. Chr. zwischen Rom und den Markomannen markierte das Ende größerer militärischer Auseinandersetzungen in dieser Region, wenngleich die ethnischen Verschiebungen bereits unumkehrbar zugunsten der germanischen Stämme ausgefallen waren.
Kulturelle und ethnische Folgen der Kriege
Die Germanisch-Keltischen Kriege führten nicht nur zu einer großräumigen territorialen Neustrukturierung Mitteleuropas, sondern bewirkten auch tiefgreifende kulturelle und ethnische Transformationen. Die keltische Kultur, einst dominierende Macht zwischen Atlantik und Böhmen, wurde durch die fortwährenden militärischen Niederlagen, Assimilation und Migration nahezu vollständig aus dem mitteleuropäischen Raum verdrängt. Zahlreiche keltische Stämme wanderten nach Gallien, Britannien und in den iberischen Raum ab oder gingen in den germanischen Stammesverbänden auf. Archäologisch lässt sich dieser Prozess anhand der Überlagerung keltischer Oppida durch germanische Siedlungen, der Veränderung des Bestattungswesens sowie des abrupten Endes der Latènekultur in zahlreichen Regionen nachvollziehen.
Gleichzeitig begünstigten die Kriege einen kulturellen Austausch zwischen den beiden Völkergruppen, der sich in der Übernahme keltischer Metallechniken, religiöser Vorstellungen und militärischer Taktiken durch die Germanen äußerte. Umgekehrt lassen sich auch germanische Einflüsse auf die verbleibenden keltischen Gemeinschaften, insbesondere in sprachlicher und materieller Hinsicht, nachweisen. Der ethnische Charakter Mitteleuropas wandelte sich im Verlauf dieser Jahrhunderte nachhaltig, und die einst keltisch dominierten Gebiete südlich der Mittelgebirge bis zu den Alpen gingen in germanischer Besiedlung auf.
Quellenlage und Überlieferung
Die schriftlichen Überlieferungen zu den Germanisch-Keltischen Kriegen stammen überwiegend aus römischen und griechischen Quellen. Neben Caesars „Commentarii de Bello Gallico“ sind es insbesondere die „Germania“ des Tacitus, die „Geographika“ des Strabon sowie die Berichte des Cassius Dio und des Velleius Paterculus, die Auskunft über die kriegerischen Auseinandersetzungen und deren Folgen geben. Ergänzt wird dieses literarische Korpus durch archäologische Funde, darunter Waffendepots, verbrannte Siedlungen, Massengräber und Münzschätze, die Rückschlüsse auf Verlauf und Intensität der Kämpfe zulassen. Die Forschung steht dabei vor der Herausforderung, die parteiliche Darstellung der antiken Autoren, die zumeist aus römischer Perspektive berichteten und dabei propagandistische Ziele verfolgten, kritisch zu bewerten und mit den materiellen Zeugnissen in Einklang zu bringen.
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